An das Amt der NÖ Landesregierung
als UVP-Behörde
Regierungsviertel,
3100 St. Pölten

Betrifft Aktenzahl: RU4 -Ü 302
Neuerliche Warnung der AFLG Antifluglärmgemeinschaft - offener Brief

Sehr geehrte Damen und Herren!
Bekanntlich kennt das UVP-Gesetz in der gültigen Fassung zwei besonders zu beachtende Prinzipien, nämlich das Kumulationsprinzip und das Konzentrationsprinzip; das heißt, es kann durchaus vorkommen, dass durch ein relativ geringfügiges Vorhaben, das Gesamtprojekt UVP-pflichtig wird und die UVP-Behörde für das Gesamtprojekt zuständig wird.

Alle bisher ergangenen Einzelbescheide sind, bewusst oder unbewusst, nur negative Feststellungsbescheide zu Einzelteilen des Gesamtprojekts, das seit 1998 durch den Masterplan 2015 bekannt war, getroffen und jede Gesamtbeurteilung erkennbar unterlassen. Deshalb beanstandet die EU-Kommission in Brüssel die Unterlassung der UVP-Prüfung der bestehenden Anlagen.

Bisher liegt kein Antrag der Flughafen Wien AG auf Bewilligung eines Gesamtprojektes vor, sondern ausschließlich ein Antrag auf Bewilligung einer dritten Piste. Ein UVP-Verfahren,
das nicht das Gesamtprojekt betrifft, ist schon vom Ansatz her rechtswidrig und ist eine Bewilligungsfähigkeit daher nicht gegeben.

Unser Obmann, em.RA Dr. Emmerich FRITZ, ist bisher von mehr als 430 Mitgliedern unseres gemeinnützigen Vereines bevollmächtigt, ehrenamtlich die Vertretung der einzelnen Mitglieder im UVP-Verfahren vorzunehmen, und ist ein erheblicher Teil der Vollmachten dortamts bereits eingescannt. Unser Verein wird die Voraussetzung erbringen, als gemeinnützige Umweltorganisation im Sommer des heurigen Jahres anerkannt zu werden und wird beim zuständigen Ministerium diese Anerkennung beantragen, weshalb unser Obmann als Bevollmächtigter und gegebenenfalls auch als Sprecher von Anrainerbürgerinitiativen vorläufig wirken wird.

Um zu vermeiden, dass die Marschrichtung in eine falsche Richtung geht, machen wir nochmals darauf aufmerksam, dass das Kumulationsprinzip und das Konzentrationsprinzip für das Gesamtprojekt (einschließlich bestehender Anlagen) Beachtung finden müssen, wobei ein diesbezüglicher Antrag bisher von niemandem gestellt wurde (UVP-pflichtiges Gesamtprojekt!).

Auch eine das Verfahren hemmende Mediation könnte von der Behörde nur hinsichtlich eines vom Ansatz her bewilligungsfähigen Gesamtprojektes vollzogen werden. Eine UVE zu einem Gesamtprojekt, das ja gar nicht beantragt ist, fehlt bisher, sodass die bisher vorliegende UVE gemäß §13 Abs. (3) AVG zur Antragszurückweisung führen muss.

Wissend, dass naturgemäß die UVP-Behörde das UVP-Gesetz anwendet, appellieren wir einmal mehr, zur vorliegenden UVE, die nicht vollständig ist, die Standortprüfung vorzunehmen und Alternativstandorte (insbesondere im Nordwesten von Wien) zum ohnedies bereits belastungsmäßig überfrachteten Standort Wien-Schwechat NÖ einzufordern.

Einmal mehr wird darauf verwiesen, dass der Flughafen München ins Erdinger Moos verlegt wurde, der Flughafen Mailand nach Malpensa, der Flughafen Oslo nach Gardemoen, der Flughafen Helsinki 100 km nach Norden in schwach besiedeltes Gebiet. Das Überfliegen, Bestäuben mit Abgasen, Belärmen der Wohnbevölkerung und Schädigen der Umwelt findet nirgendwo in Europa mehr Anklang. Nur Wien ist anders! (auch Schwechat, Zwölfaxing, Enzersdorf/F, Perchtoldsorf, Himberg, Lanzendorf u.a.m. sind anders!)

Die Prüfung eines Ersatzstandortes hat daher unbedingt zu erfolgen. Rechtswidrige Bauten, die bisher galoppierend und UVP-gesetzwidrig errichtet wurden, sind lediglich für Organe der Flughafen Wien AG, die rechtswidrig vorgingen, haftungsträchtig und können für das UVP-Verfahren naturgemäß keine Präjudiz- oder Präzedenzwirkung haben.

Dass die Großstadt Wien einen Großflughafen in einer Entfernung von +/- 100 km von Wien braucht, der möglichst viel Verkehrsinfrastruktur aufweisen soll, ist unstrittig. Nur kann das geplante Parallelpistensystem, das bei Endauslastung soviele Flugbewegungen wie heute London-Heathrow bewältigt, nicht zum Überfliegen von Wien, dem Naherholungsgebiet Wienerwald und den ohnedies schon schwer belasteten Umlandgemeinden von Schwechat NÖ hergestellt werden.

Einmal mehr sei klargestellt, dass ein genehmigungsfähiges Projekt bisher nicht vorgelegt wurde und ein Antrag auf die Bewilligung eines Gesamtprojektes fehlt und daher die bisher eingereichte UVE rechtswidrig ist.

Rechtswidriges Vorgehen hat sich noch nie auf Dauer gelohnt!

Will Österreich wirklich ein weiteres Mal vor dem EuGH wegen dieser Vorgangsweise geklagt werden?

Mit vorzüglicher Hochachtung
AFLG Antifluglärmgemeinschaft,
Verein gegen entschädigungslose Grundentwertung durch Flugverkehr,

Dr. Emmerich FRITZ e.h.
(Obmann)
Johanna Aschenbrenner-Faltl e.h
(Schriftführerin)

F.d.R.d.Ü.:
Johanna Aschenbrenner-Faltl