em. RA Dr. Emmerich FRITZ

A-1010 Wien 1, Wipplingerstraße 12

Tel. 535 18 20, 535 18 21

Telefax 535 18 214

 

Wien, am 3.05.2007

Dr.F/K

 

An die

Volksanwaltschaft

Singerstraße 17

1015 Wien

 

mit Kopien an:

An das Pressebüro der Stadt Wien, Rathaus, 1080 Wien,

An die Redaktionen aller Tageszeitungen

 

An Herrn ORR Mag. Scheuringer, NÖ Landesregierung RU 4, 3109 St. Pölten,

An das Verkehrsstaatssekretariat, z. Hdn. Herrn Mag. Böhm, Radetzkystraße 2, 1030 Wien,

An das BMVIT II/L 3, z. Hdn. Herrn SC Ing. Mag. Bialonczyk, Postfach 3000, Radetzkystraße 2, 1030 Wien,

An das BMVIT II/L 3, z. Hdn. Herrn MR Dr. Herbert Zulinski, Postfach 3000, Radetzkystraße 2, 1030 Wien,

An das BMVIT II/L 3, z. Hdn. Herrn Mag. Gretzmacher, Postfach 3000, Radetzkystraße 2, 1030 Wien,

An die Umweltanwaltschaft Wien, Muthgasse, Amtshaus, 1190 Wien,

An die Umweltanwaltschaft Niederösterreich, Landhaus, 3109 St. Pölten,

An die Flughafen Wien AG, Flughafen Wien Schwechat PF1, 1300 Wien.

 
 


Betrifft:   Flughafen Wien-Schwechat
Für die Zahl der notwendigen Arbeitsplätze ist wohl unerheblich, wo der Standort des Flughafens Wien liegt. Der Neubau eines Flughafens Wien an einem anderen Standort schafft im Übrigen weitere Arbeitsplätze.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Volksanwälte Dr. Kostelka und Rosemarie Bauer!

Sehr geehrter Herr Mag. Huber! Sehr geehrter Herr Dr. Kastner!

 

Ihre Schreiben vom 11.05.2007, VA BD/133-V/07-MH, an Herrn Dipl.-Ing. Poglitsch sowie vom 22.05.2007 an Frau Johanna Aschenbrenner-Faltl, VA BD/11-U/07-MH, drängen mich als den Obmann der AFLG (ZVR 481863180) zur gesamten Sach- und Rechtslage kurz Stellung zu nehmen, wobei besonders auf die Erklärungen des Herrn VA Dr. Kostelka, die er publice auch in der Sendung des ORF „Volksanwalt“ gegeben hat, Rücksicht genommen wird. Herr Volksanwalt Dr. Kostelka erklärte damals zu recht öffentlich, dass das höchste schützenswerte Gut, das die Volksanwaltschaft schützen wolle, wenn ein von ihr zu kontrollierendes Verfahren bei einer Gebietskörperschaft anhängig sein werde/würde, die Gesundheit des einzelnen Menschen ist.

In der Tat, er hat recht!

 

Unstrittig ist, dass Wien einen Großflughafen braucht.

Unstrittig ist, dass ein derartiger Großflughafen zur Zeit in Wien-Schwechat in einer Gelände-mulde zwischen Schwechat und Fischamend betrieben wird, der dort in der Nachkriegszeit von der britischen Besatzungsmacht situiert wurde und der noch weiter westlich Richtung Schwechat liegt, als der Fliegerhorst des Deutschen Reiches, der auf einer Geländekuppe knapp vor Fischamend lag.

Unstrittig ist, dass die Flughafen Wien AG eine börsennotierte, gewinnorientierte Aktiengesell-schaft ist, die relativ hohe Gehälter an Mitarbeiter zahlt, sogenannte Flughafenempfänge veranstaltet und finanziert, Vorstandsmitglieder hat, die als außertarifliche Mitarbeiter aus jedem Gehaltsschema herausfallen und für die schon gar nicht öffentliche Beamtengehälter gelten, die  jeweils in Einzelverfahren mittels negativer Feststellungsbescheide sich in Verfahren, in denen nur der Antragsteller Parteienstellung hat, bestätigen ließ, dass irgendeine Einzelmaßnahme keine UVP-Pficht auslöst, die eine eigene Werbeabteilung mit entsprechender Einflussnahme auf die Medien, vor allem Printmedien, betreibt, eine eigene Rechtsabteilung unterhält, um den Flughafen Wien ins rechtlich richtige Licht zu setzen, aus den Erträgen hoffentlich hoch die Kosten sogenannter Mediationen trägt und öffentlich und in jeder Lage alles unternimmt, um dem ohnedies obrigkeitshörigen Österreicher (Folge des Rechtspositivismus und der sogenannten Kaunitz’schen Verwaltungsreform) möglichst nachhaltig entgegenzutreten.

Als die zweite Piste in Wien-Schwechat gebaut wurde und die bereits vorliegende Baube-willigung für eine Parallelpiste zur Piste 29 nicht gebaut wurde, wurde die Querpiste (zweite Piste) damals von den Organen der Aktiengesellschaft öffentlich damit begründet, dass faktisch dadurch der Flugverkehr über Wien vermieden werden kann, da es nicht sehr viel ausmacht, wenn ein Flugzeug bei der Landung oder beim Start einen gewissen Seitenwind (Hauptwind-richtung West) zu beachten hat.

Ungeachtet der öffentlichen Finanzierung dieser Piste zwei mit dieser Begründung für eine handelsrechtliche, auf Gewinn gerichtete Aktiengesellschaft nahm der Überflugverkehr über Wien ungeheuer zu und soll heute etwa fünfmal soviel, wie zu Zeiten vor dem Bau der zweiten Piste, betragen.

 

Unstrittig müsste sein, dass eine Mediation ein privatrechtlicher Vorgang ist, der möglichst in einer Mediationsvereinbarung, die die Mediationsteilnehmer (Vertragspartner) bindet, münden soll.

Unstrittig ist, dass ein Sachverständiger eine Person ist, die ein besonderes Fachwissen auf einem bestimmten Gebiet hat und die für die Richtigkeit der Sachverständigenausführungen unbeschränkt haftet.

 

Unstrittig ist, dass mit dem österreichischen UVP-Gesetz das Kumulationsprinzip und das Konzentrationsprinzip in der Rechtsordnung verankert wurden, wobei eine verfassungsrechtliche Verbreiterung des Parteibegriffs auf gemeinnützige Vereine und NGO’s geschaffen wurde, wobei sich das österreichische UVP-Gesetz unter anderem bemüht, die UVP-Richtlinien der EU-Kommission möglichst vollständig umzusetzen – ob das wirklich gelingt, ist zwischen der EU und der Republik Österreich strittig; nur „leider“ gilt das, was die EU da zu sagen hat.

 

Unstrittig müsste sein, dass privatrechtliche Mediationsvereinbarungen von Gebietskörper-schaften  verfassungsmäßig bei Gemeinden mit aufsichtsbehördlicher Genehmigung gefertigt werden müssen, um für die Vereinbarungspartner wirksam zu sein, und dass eine nicht-verfassungsmäßige, von einem nicht Bevollmächtigten gesetzte Unterschrift ausschließlich das Problem des falsus procurator aufwirft. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass „Unterfertigun-gen“ von Gebietskörperschaften nicht nur verfassungswidrig sind, sondern regelmäßig auch von Nicht-Bevollmächtigten stammen, das heißt, rechtsunwirksam sind.

Unstrittig müssten sein, dass in anderen Ländern Großflughäfen wohin verlegt werden, wo sie weniger Schaden anrichten (München-Riem wurde aufgelassen, der Großflughafen wurde ins Erdinger Moor verlegt; Oslo wurde entlastet und nördlich in einer Entfernung von etwa hundert Kilometern im Wald Gardemonen neu gebaut; der Flughafen von Mailand wurde in der Poebene sechzig Kilometer nach Nordwesten verlegt – Malpensa – und selbst in Großbritannien wird der Flughafen Heathrow durch ausgelagerte, weitere, neue Flughäfen nachhaltig entlastet, damit die unerträglichen Emissionen, die als Immissionen auf die Personen einwirken, reduziert werden).

 

Unstrittig ist für „freie Staaten“, dass das Gemeinschaftsinteresse vor dem Individualinteresse kommt und  dass gegen Entschädigung im Interesse der Gemeinschaft in das Individualinteresse eingegriffen werden kann.

Unstrittig ist, dass jedes Flugzeug zig Tonnen Kerosin verbrennt, Lärm macht, Feinstaub, der als besonders gesundheitsschädigend gilt, ausstößt, den Treibhauseffekt bei Betrieb verstärkt und dass die meisten Österreicher zunehmend gern mit dem Flugzeug reisen, zum Beispiel auf Urlaub.

 

Unstrittig müsste sein, dass die Flughafen Wien AG als gewinnorientierte, börsennotierte Aktiengesellschaft trotz hohem Aufwand bestrebt sein muss, konkurrenzfähig zu sein und dafür zu sorgen, dass ausschließlich kaufmännische Gesichtspunkte für die Einleitung und Ausleitung von Flugzeugen vom Erfüllungsgehilfen AustroControl gehandhabt werden, wobei die Luftstraßen jeweils dem bmvit zur Genehmhaltung vorgelegt werden.

Unstrittig müsste sein, dass derartige Anträge bisher nie abgewiesen wurden.

 

Unstrittig müsste sein, dass eine polizeiliche Behörde auf dem Privatgrund keine verwaltungs-rechtlichen Vollzugshandlungen zu setzen hat (Privatrechtsschutz ist Sache der Gerichte), weshalb etwaige diesbezügliche Verträge zwischen Organen einer Gebietskörperschaft und der auf Gewinn gerichteten Flughafen Wien AG nichtig sind.

Unstrittig müsste sein, dass Liegenschaften relevante Wertverluste durch Flugverkehr haben, die von den Liegenschaftseigentümern bisher getragen werden.

Unstrittig müsste sein, dass der Feinstaub, die Abgase und der Lärm für den einzelnen Betroffenen gesundheitsschädlich sind.

 

Unstrittig müsste sein, dass noch niemals von wem immer für diese „Beeinträchtigungen im öffentlichen Interesse“ Entschädigungen angeboten, geschweige denn geleistet wurden.

Unstrittig müsste sein, dass die nun zur UVP-Prüfung eingereichte dritte Piste als Parallelpiste zur Piste 29 voll auf das Land Wien mit etwa 1,6 Mio. und die südlichen Gemeinden in Nieder-österreich mit zusammen etwa 400.000 Einwohnern gerichtet ist.

Das ist in der Tat einmalig in Europa (siehe München, Oslo, Mailand, etc.), der Eingriff in das private Eigentum rechtswidrig und durch nichts begründet.

Die Obmann-Stellvertreterin der AFLG wohnt in Zwölfaxing in der Schwechater Straße, ist Ärztin und muss Nachtdienste leisten. Wenn sie vom Nachtdienst kommend sich niederlegt, wird ihre Liegenschaft und damit sie vom impulsartigen Lärm der oft im Minutentakt über sie drüber-fliegenden, abfliegenden Verkehrsmaschinen geweckt, am Schlafen gehindert, sie wird mit Abgasen „versorgt“, Feinstaub fällt herunter und ihre Liegenschaft ist um mehr als fünfzig Prozent entwertet.

Ich empfehle Jedermann, sich in Zwölfaxing auf dem öffentlichen Parkplatz vor der Firma Billa aufzustellen und diese Form des gegen Westen gerichteten Flugverkehrs mitzuerleben; dann wären die rechtspositivistischen Ansagen: „Es ist alles in Ordnung“ und „Hier gibt es keinen Sanierungsbedarf“ beendet.

 

Unstrittig müsste sein, dass im Norden von Wien völlig ebene, keine wesentliche Wohnbevöl-kerung aufweisende Gebiete bestehen, die verkehrsmäßig zum Beispiel durch Schnellbahn-achsen und die verlängerbare S 3 gut aufgeschlossen wären, wobei das Gebiet zwischen Seyring und Aderklaa etwa zwölf Kilometer ohne Haus aufweist.

Welchen Vorteil hat der Standort Schwechat, außer dem Faktum, dass er schon besteht und dass die auf Gewinn gerichtete Flughafen Wien AG „von den Mieteinnahmen lebend“ ein gediegenes Beharrungsvermögen zeigt, „das die Behörden umzusetzen haben“.

Unstrittig müsste sein, dass zwischen Hollabrunn und Oberhautzenthal ein ebenfalls fast ebenes Gelände ohne jede westlich davon lebende, größere Anzahl von Wählern besteht, wobei nach Hollabrunn die Schnellbahn fährt und eine leicht um eine Spur erweiterbare Schnellstraße schon vorhanden ist.

Unstrittig müsste sein, dass sich auch der „Ernstbrunner Wald“, gelegen zwischen Hollabrunn und Ernstbrunn, als Alternativstandort anbietet.

Unstrittig müsste sein, dass auch der Horner Wald zwischen Sigmundsherberg und Irnfritz fast eben ist, durch die zweigleisig ausgebaute Franz-Josefsbahn gut erreichbar ist, durch eine Nordwestautobahn erschlossen werden soll und dass es fast keinen wesentlichen Unterschied macht, ob der CAT von Wien Landstraße nach Schwechat fährt und dabei gediegene Defizite einfährt, oder auf der Franz-Josefsbahn nach Sigmundsherberg.

 

Unstrittig ist, dass zur Zeit trotz Kumulationsprinzip und Konzentrationsprinzip des UVP-Gesetzes das Verfahren sich auf die dritte Piste beschränkt und dass die auf Gewinn gerichtete Flughafen Wien AG bestrebt ist, mit nichtigen Einzelverfahren und möglichst schneller Schaffung von vollendeten Tatsachen jede Standortdiskussion zu unterlaufen.

 

In dem das Kumulationsprinzip missachtenden UVP-Verfahren beantragt die ausschließlich die dritte Piste zu genehmigen, obwohl das Gesamtprojekt nach dem UVP-Gesetz zu beurteilen wäre und die Bescheide der letzten Jahre der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung, der Stadtgemeinde Schwechat, des  Amts der Niederösterreichischen Landes-regierung und des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie kraft Gesetzes wegen Verletzung des Kumulations- und Konzentrationsprinzips nichtig sind, legt der UVP-Behörde Fachbeiträge vor, die überwiegend von Gesellschaften mit beschränkter Haftung  stammen und somit nicht von Sachverständigen und behauptet die Unterschrift der Mediations-vereinbarung von einzelnen, ohnedies nicht die Betroffenen vertretenden Gemeinden, welche Fertigungen der Gebietskörperschaften der privatrechtlichen Vereinbarungen verfassungswidrig sind .

 

Weiters begehrt die Flughafen Wien AG die Bestätigung der UVP-Behörde wegen dieser Lärm-, Gestank-, Feinstaub- und Eingentumseingriffsvorgangsweisen, die gesundheitsschädlich sind

 

   der Fluglärm darf (in Dauerschallpegel ausgedrückt) doppelt so hoch sein, wie jeder sonstige gewerbliche Lärm , da eeine Erhöhung von 55 dB (A) für Gewerbe auf 65 dB (A) für Fluglärm aber eine Verzehnfachung der Einzelereignisse bedeutet, wird er von der lärmbetroffenen Bevölkerung  als  Verzehnfachung  empfunden   -

 

über die Umweltverträglichkeit dieser Vorgangsweise in knapper Nähe von zwei Millionen betroffenen Wählern.

Wien ist anders!

 

In der Hoffnung, Sie mit all diesen Ausführungen nicht über Gebühr beansprucht zu haben, verbleibe ich mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten (kollegialen) Hochachtung
(Dr. Emmerich Fritz)

 

NS: Arbeitsplatzargument:

Für die Zahl der notwendigen Arbeitsplätze ist wohl unerheblich, wo der Standort des Flughafens Wien liegt. Der Neubau eines Flughafens Wien an einem anderen Standort schafft im Übrigen weitere Arbeitsplätze.