Sehr geehrte Mitglieder der Mediation

In den letzten Wochen wurde von Dr. Prader ein Schreiben verteilt, in dem verschiedene falsche Behauptungen aufgestellt wurden. Aus diesem Anlaß stellen wir mit beiliegendem Newsletter richtig:
1. Herr Witt-Dörring hat sich niemals für die falschen Lärmberechnungen des Flughafen entschuldigt.
2. Es wurde niemals festgestellt, daß die Lärmberechnungen des Flughafens richtig sind. Der Flughafen hat lediglich einseitig behauptet seine Lärm-berechnungen seien richtig. Gleichzeitig hat der Flughafen jedoch bestätigt, daß es zwischen Rechnung und Messung bis zu 500% Abweichung gibt.
Auf die anderen, ebenso falschen Punkte des verteilten Schreibens wollen wir hier nicht näher eingehen.

mit freundlichen Grüßen
Witt-Dörring
Bürgerlärm gegen Fluglärm

Newsletter KW12/05 der Bürgerinitiative Bürgerlärm gegen Fluglärm

Thema heute: Lärmberechnungen des Flughafens am Beispiel Zwölfaxing.
Nächster Newsletter: Lärmberechnungen des Flughafens am Beispiel Maria Lanzendorf.

Dieser Artikel ist ein technischer Bericht über die Lärmberechnungen des Flughafens. So schauen die technischen Grundlagen von Europas größter Umwelt-Mediation um den Ausbau des Wiener Flughafens aus. Die moralische Bewertung bleibt jedem selbst überlassen.

Die Lärmrechnung vom Wiener Flughafen für die Gemeinde Zwölfaxing:



Die Austro Control legte neue Abflugrouten fest. Offizielles Ziel sollte sein die Abflugrouten so zu gestalten, dass möglichst wenig Menschen vom Fluglärm belastet werden.
Der Flughafen berechnete für die Mediation die Auswirkungen (Lärmverbesserungen) der neuen Flugrouten. Das Ergebnis der Lärmberechnungen wurde in nebenstehender Tabelle präsentiert. Die 1725 Einwohner von Zwölfaxing sind in 1db Lärmbelastungszonen eingeteilt. Die Tabelle soll zeigen, dass durch die neuen Abflugrouten weniger Personen in lauten Zonen leben werden. Die zwei lautesten Zonen sollten zur Gänze verschwinden.

(Eine Verdoppelung der Schallereignisse, z.B. Starts bedeutet 3db mehr Lärm).















Die Lärmmessung vom Flughafen Wien für Zwölfaxing 2003/2004:
(Messergebnisse der offiziellen geeichten Lärmmessstelle)

2003 - 2004

01/03
02/03
03/03
04/03
05/03
06/03
07/03
08/03
09/03
10/03
11/03
12/03
Kumuliert
LDEN
55,4
55,4
55,9
54,1
54,6
55,3
55,1
55,1
55,3
55,1
54,9
53,7
55,0

01/04
02/04
03/04
04/04
05/04
06/04
07/04
08/04
09/04
10/04
11/04
12/04
Kumuliert
LDEN
53,8
54,3
54,5
54,5
56,1
56,9
56,7
56,6
56,6
55,2
55,5
54,3
55,6

Fluglärm in Zwölfaxing 2003


Rechnung Flughafen:
<leiser
Nachgemessen:
<lauter






Abb. 2: Neue Routen ab 18. März 2004 geflogen.
Messung Sommer 2003: 55 dB (vor Teilvertrag).
Messung Sommer 2004: 56,3 dB (nach Teilvertrag).


Im Mediationsverfahren um den Bau der 3. Piste wurde eindeutig als Grundlage von Lärmberechnungen die ÖAL (österreichischer Arbeitsring für Lärmbekämpfung) Richtlinie 24 verbindlich vereinbart. Der Flughafen argumentiert nun, die Berechnungen wurden nach besten Wissen und Gewissen durchgeführt. Die mittlerweile unbestrittenen Unterschiede von 6dB bzw. 300% zwischen Lärmrechnung alt - und Lärmmessung alt sollen laut Flughafen durch das von allen Parteien anerkannte Rechenverfahren entstehen.
Dass dem nicht so ist zeigt die folgende Beweisführung.

Zum Stand der Technik in der Fluglärmberechnung:
Die Internationale Lärmexpertin des TGM Frau Dr. Lang schreibt in einem Artikel für die Flughafenzeitung "VIE Aktuell" Dez 2002 Seite 4: Unsere Berechnungen liegen 1 bis 2 dB höher als die Messungen. Wir sind also auf "der (für den Bürger) sicheren Seite".
Zur Verdeutlichung: 1-2dB = 25% - 58%, 6dB = 300%

Wie kommt es zu 6dB bzw. 300% Unterschied zwischen Lärmmessung und Lärmberechnung?


Ursache und Auswirkung für Zwölfaxing:

Anerkannte Grundlage der Lärmberechnungen ist die ÖAL Richtlinie 24. Darin heißt es im Punkt 4.2 An- und Abflugwege:
"Bei Berechnungen für bestehende Flughäfen sollen die Flugwege und die zugehörigen Korridorbreiten (Streuung der Flugwege) vom Flughafenbetreiber in Zusammenarbeit mit Austro Control angegeben werden; zweckmäßig werden dazu vorhandene Radaraufzeichnungen herangezogen."


Abb. 4: Lärmbericht 1995. Abflug Piste 29 = rot.

Die roten Linien zeigen vor der Mediation 2 Abflugrouten über Zwölfaxing.








Die um 2,5 dB überhöhten Rechnungen sind die logische Folge der Eingangsdaten. Die schwarzen Linien täuschen vor es würden fast alle Abflüge alt über Zwölfaxing führen. Tatsächlich fliegt aber fast die Hälfte der Flugzeuge östlich vorbei.
Die grünen Linien täuschen vor, dass der Flugverkehr nach dem Teilvertrag Richtung Osten aus dem Ortsgebiet rutscht. Tatsächlich sind die Flugzeuge aber schon vor dem Teilvertrag dort.

Die Radaraufzeichnungen wurden weder dem Mediationsteilnehmern von Beginn an zur Verfügung gestellt noch für Lärmberechnungen herangezogen. Sie kamen durch Zufall in unsere Hand. Vom Flughafen erhielten wir lediglich 2 Darstellungen. Die schlechten schwarzen – und die guten grünen Linien.


Für die Bewohner der Umlandgemeinden sollte sich durch die Umstellung von den schwarzen auf die grünen Linien eine Verbesserung ergeben. Dies wurde in diversen Postwurfsendungen so dargestellt. Zwölfaxing sollte sich freuen, da die Flugroute nicht mehr so zentral über den Ort führt. Rechnerisch ergibt sich daraus eine Verbesserung um -2,5dB bzw. -44 %.






Für Zwölfaxing bedeuten die neuen Abflugrouten statt -2,5dB leiser aber +1,3dB lauter und somit über 3dB unterschied von versprochenem und eingetretenem Lärm. Dies entspricht einer Verdopplung der Flugbewegungen.

Aufgrund der erläuterten "Lärmberechnung" ist der Verein "Bürgerlärm gegen Fluglärm" schon 6 Monate vor der Einführung der neuen Flugrouten vom Teilvertrag zurückgetreten. Zum Zeitpunkt des Rücktritts waren noch keine Lärmmessungen SID-neu zur Verfügung. Es galt für die Bürgerinitiative jedoch als erwiesen, dass die errechnete Lärmreduktion nicht eintreten wird sondern mit einer Lärmzunahme zu rechnen ist.
Dr. Prader der Prozessprovider wurde darüber von der Bürgerinitiative „Bürgerlärm gegen Fluglärm“ informiert. Anstatt den Einwänden auf den Grund zu gehen hat Dr. Prader die Bürgerinitiative daraufhin von der Evaluierungsgruppe ausgeschlossen, obwohl im Teilvertrag klar geregelt ist, dass die Mitarbeit in der Evaluierungsgruppe nicht von der Vertragsunterzeichnung abhängig ist sondern vom Grad der Betroffenheit. Zwölfaxing als Hauptbetroffene Gemeinde wurde somit von Dr. Prader aus der Evaluierungsgruppe ausgeschlossen.


Letzter Stand der Diskussion:
Der Flughafen beharrt auf den Standpunkt, dass die Lärmberechnungen jedenfalls richtig sind.
Das Vertrauen der Bürgerinitiative in die Mediation ist nachhaltig erschüttert.

Impressum:
Bürgerlärm gegen Fluglärm
2322 Zwölfaxing

Der Newsletter gibt nicht die Meinung des Mediationsforums oder anderer Bürgerinitiativen wieder. Der Newsletter kommt ausschließlich von der Bürgerinitiative „Bürgerlärm gegen Fluglärm“ und ist konform mit dem Mediationsübereinkommen. Insbesondere sei auf folgende Punkte hingewiesen:
Punkt IV. Ziffer 3) Alle relevanten Informationen, die für das Verfahren und den Verhandlungsgegenstand wichtig sind, sind offen zu legen und müssen allen Parteien zugänglich sein.
Punkt IV. Ziffer 6) ......Im Mediationsverfahren arbeiten die teilnehmenden Personen kontinuierlich, offen und fair zusammen.
Punkt XIII. Ziffer 2) Das Mediationsverfahren soll möglichst transparent und offen verlaufen, auch die breite Öffentlichkeit soll über den Verlauf des Mediationsverfahrens ständig unterrichtet werden. Jeder Partei ist es unbenommen, die Öffentlichkeit in fairer Weise über ihre jeweiligen Positionen, ihre Interessen und Anliegen zu informieren und dafür zu werben.