02.10.2006
10:52 Uhr Süddeutsche Zeitung
Münchner
Flughafen
Wer
muss umziehen? Wann heben die Flieger ab?
Bis
zum 13. Oktober sind die Unterlagen für das
Raumordnungsverfahren der dritten Start- und Landebahn in einem
Gebäude des Planungsreferats an der Blumenstraße 31 zu
sehen. Die SZ klärt die zehn wichtigsten Fragen zu dem
umstrittenen Projekt, das 2011 fertiggestellt sein soll.
Von
Dominik Hutter
Was
genau soll im Erdinger Moos gebaut werden?
Im Mittelpunkt
der Planung steht eine 4000 Meter lange und 60 Meter breite
Betonpiste: die dritte Start- und Landebahn. Dazu gehören
diverse Rollwege, auf denen die Flugzeuge - unter Umfahrung der
bestehenden Nordbahn - nach zehnminütiger Tour die Vorfelder und
Abstellpositionen erreichen können, sowie eine Feuerwache in
unmittelbarer Bahn-Nähe.
Weniger bekannt ist, dass auch
das östliche, also nahe dem Terminal 2 gelegene Vorfeld um 157
Hektar erweitert werden soll, damit dort mehr Flugzeuge abgestellt
werden können. Der östliche Grenzzaun verschiebt sich um
etwa 1500 Meter. Insgesamt wächst das derzeit 1560 Hektar große
Flughafengelände um 970 Hektar an. Zum Vergleich: Der neue
Flughafen Berlin wird 1470 Hektar groß, Frankfurt kommt aktuell
auf 1900 Hektar.
Wofür benötigt man eine dritte
Bahn - wo doch selbst London-Heathrow mit zweien auskommt?
Die
Prognosen fürs Raumordnungsverfahren gehen davon aus, dass der
Flughafen München, den Bau der dritten Startbahn vorausgesetzt,
im Jahr 2020 gut 55 Millionen Passagiere abfertigen wird - selbst bei
einem Verzicht stiege die Zahl noch auf 41,9 Millionen. Der Flughafen
zählt damit zu den wachstumsstärksten Airports der Welt.
Entscheidend für die Bahn-Kapazität ist aber die Zahl der
Flugbewegungen - und die soll von jährlich rund 380 000 auf etwa
610 000 anwachsen. So viele Starts und Landungen könnte auch
London-Heathrow, mit jährlich 68 Millionen Passagieren der
größte Flughafen Europas, niemals auf seinen zwei Bahnen
abwickeln.
London wird aber fast ausschließlich von
sehr großen Maschinen angeflogen, die bei höherer Sitzzahl
weniger Bahnkapazität fressen als die in München übliche
Vielzahl kleiner Maschinen. Umweltschützer fordern daher, auf
unnötige Inlandsflüge zu verzichten. Mit diesen
Verbindungen allerdings "füttert" die Lufthansa ihre
Interkontinentalmaschinen.
Wo liegt die dritte Start- und
Landebahn?
1180 Meter nördlich der bestehenden Nordbahn -
parallel verlaufend, aber um 2100 Meter nach Osten versetzt. Derzeit
verläuft dort noch die Staatsstraße 2084 zwischen Freising
und Erding, die dann verlegt wird.
Wie
viele Menschen müssen zwangsabgesiedelt werden?
Finanzminister
Kurt Faltlhauser (CSU) geht von 41 Menschen in den Orten
Schwaigermoos und Attaching aus, die Haus und Grundstück für
die Airporterweiterung räumen müssen. Dazu kommen 16 Mieter
in Gebäuden, die bereits dem Flughafen gehören.
Welche
Ortschaften sind besonders von Fluglärm betroffen?
In
erster Linie der Freisinger Ortsteil Attaching und die östlich
des Airports gelegene Gemeinde Berglern. Aber auch in Eittingermoos
dürfte es deutlich lauter zugehen. Insgesamt 100
Grundstückseigentümer dürften künftig einer
durchschnittlichen Lärmbelastung von 70 Dezibel oder mehr
ausgesetzt sein - ihnen muss vom Flughafen ein Kaufangebot
unterbreitet werden.
Wie weit ist die Planung?
Die
Flughafengesellschaft, ermächtigt von ihren Gesellschaftern
Freistaat, Bund und Stadt, hat im August 2006 das
Raumordnungsverfahren bei der Regierung von Oberbayern eingeleitet.
Untersucht werden zunächst vor allem überörtliche
Belange, etwaige Konflikte mit anderen Planungen beispielsweise.
Eine Baugenehmigung steht erst am Ende des anschließenden
Planfeststellungsverfahrens, bei dem auch die Bürger Gelegenheit
zu offiziellen Einwendungen haben. Flughafen-Chef Michael Kerkloh
hofft, im Jahr 2011 die ersten Flugzeuge starten zu lassen.
Gibt
es schon ein Betriebskonzept?
In den
Raumordnungsunterlagen ist vorgesehen, die dritte Bahn vor allem für
Landungen und die bisherige Nordbahn überwiegend für Starts
zu nutzen. Auf der Südbahn soll weiterhin beides gemischt
stattfinden.
Wer bezahlt die Investition?
Der
Flughafen selbst. Eine offizielle Kostenschätzung gibt es noch
nicht, zu rechnen ist aber mit einem höheren dreistelligen
Millionenbetrag.
Müssen demnächst auch die
Abfertigungsgebäude erweitert werden?
Streng genommen
reichen die Bauten bis zur Marke von etwa 50 bis 55 Millionen
Passagiere aus. Die beiden Terminals sind allerdings ungleich
ausgelastet - während sich das von der Lufthansa und ihren
Partnern genutzte Terminal 2 langsam, aber sicher seiner
Kapazitätsgrenze nähert, ist Terminal 1 nur zur Hälfte
ausgelastet. Die Lufthansa will aber ihre Passagiere möglichst
in Terminal 2 abfertigen und drängt daher auf einen
Erweiterungsbau, den so genannten "Satelliten".
Wer
will die Bahn, wer ist dagegen?
Die drei
Flughafengesellschafter Freistaat, Bund und Stadt haben sich klar für
den Bau der dritten Start- und Landbahn ausgesprochen - das betrifft
sowohl die Vertreter der CSU als auch die der SPD. Die Grünen
hingegen sind auf allen Ebenen gegen die Erweiterung . In den
betroffenen Gemeinden rund ums Moos kämpfen aber durchaus auch
CSU-Politiker gegen die neue Piste.